RFID Schutz – Warum Fingerabdrücke im Personalausweis bald Pflicht sind
Das digitale Gesichtsbild, das schon heute in den Personalausweisen Pflicht ist, bleibt in Zukunft nicht alleine. Dazu gesellen sich noch Fingerabdrücke, die die EU bald zur Pflicht macht. Diese Fingerabdrücke sind auf einem RFID-Chip gespeichert und das ruft sofort die Kritiker auf den Plan. Diese Neuerung haben die Verhandlungsführer im Parlament der EU, der Ministerrat und die EU-Kommission beschlossen. Sie haben sich auf eine neue Verordnung für den RFID Schutz bei den sogenannten Identitätsnachweisen geeinigt. Auf allen neu ausgestellten Ausweispapieren sind zwei digitale Fingerabdrücke notwendig. Zoll, Polizei, Steuerfahndung und auch Meldebehörden sollen in Zukunft in der Lage sein, auf diese biometrischen Daten zuzugreifen.
Nicht mehr freiwillig
Fingerabdrücke im Personalausweis waren in Deutschland bislang immer eine freiwillige Sache. Pflicht ist lediglich ein Gesichtsbild, das biometrische Merkmale liefert, die auf einem RFID-Chip gespeichert sind. Die jüngste Reform der deutschen Regeln liegt jetzt fast zehn Jahre zurück und der RFID Schutz spielte noch keine Rolle. Die SPD lehnte damals die von der CDU/CSU gewünschte Pflicht der Fingerabdrücke im Personalausweis kategorisch ab. Die Sozialdemokraten sahen darin einen schweren Eingriff in die Bürgerrechte. Jetzt sind die Gremien der EU auf Anraten der Kommission zu dem Schluss gekommen, auch die optischen Angleichungen vorzunehmen, wozu auch Fingerabdrücke im Personalausweis gehören. In Zukunft haben alle neuen Ausweise die Form und die Größe einer Kreditkarte und sie zeigen die europäische Flagge. Neu dazu gekommen ist eine maschinenlesbare Zone, zudem müssen die Mindeststandards für Sicherheit der Internationalen Zivilen Luftfahrtorganisation eingehalten werden.
Im Kampf gegen den Terror
Alle Ausweise, die schon älter sind und den neuen Vorgaben der EU nicht entsprechen, sind nach spätestens zehn Jahren nicht mehr gültig. Nur für Bürger, die älter als 70 Jahre sind, gibt es eine längere Übergangsfrist. Die Fingerabdrücke im Personalausweis gelten auch für Kinder, deren Ausweise nur für die Dauer von fünf Jahren gültig sind. Die EU möchte, dass die neuen Vorgaben nach zwei Jahren in allen Mitgliedsländern in Kraft treten. Zwar muss neben dem Parlament noch der Rat zustimmen, aber das gilt jedoch als reine Formsache. Die Fingerabdrücke im Personalausweis sind nach Meinung der EU ein wichtiges Mittel im Kampf gegen den Terror und die organisierte Kriminalität.
Die Sicherheitsstandards durch den RFID Schutz sollen es leichter machen, den europaweiten Betrug mit Dokumenten wie auch den Diebstahl von Identitäten zu bekämpfen. Carmen Daniela Dan, die Innenministerin von Rumänien lobte die Anstrengungen der EU, es den Terroristen und Kriminellen so schwer wie eben möglich zu machen.
Ein Eingriff in die Grundrechte?
Den RFID Schutz für die Daten auf einem RFID-Chip sehen viele nicht nur als Schutz vor Kriminellen und Terroristen. Die Sozialdemokraten im Parlament der EU sehen das als einen gravierenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der mehr als 370 Millionen Bürger in Europa. Nach Ansicht von Sylvia-Yvonne Kaufmann, der Verhandlungsführerin der Sozialdemokraten, ist dieser Schritt der zwei Fingerabdrücke im Personalausweis „unverhältnismäßig und nicht notwendig“. Mit diesem Schritt wird die EU die Debatten um den RFID Schutz nur noch weiter anheizen. So steht die Politik aus Brüssel bei den Bürgern unter Verdacht, viele Daten über die Bürger zu sammeln, zu speichern und dabei den RFID Schutz einfach zu vernachlässigen. Dass diese Debatte jetzt erneut Zündstoff bekommt, befürchtet auch Sven Giegold, Abgeordneter der Grünen im EU-Parlament. Die Polizei und die Sicherheitsbehörden in Europa verknüpfen immer mehr Daten miteinander. Leider, so Giegold, wird nicht klar, worin überhaupt der eigentliche RFID Schutz bestehen soll.
Der Bürger wird gläsern wie noch nie
Die Grundrechteagentur der Union und auch der Datenschutzbeauftragte der EU, Giovanni Buttarelli, sehen die neuen Regeln beim RFID Schutz ebenfalls sehr kritisch. Vor allem, dass es eine biometrische Datenbank der Superlative geben wird, sehen die Bürgerrechtler als äußerst bedenklich an. Diese Datenbank ist anschließend mit zahlreichen Informationssystemen auch im Sicherheitsbereich eng verknüpft. Sie haben die große Sorge, dass bei einer Verschmelzung der Datenbanken für die Bevölkerung eine Art von Scanner entsteht, mit dem kein ausreichender RFID Schutz möglich ist. Je nachdem, wie die politische Wetterlage aussieht, könnten die gesammelten Daten gegen die eine oder andere unliebsame Personengruppe zum Einsatz kommen.
Sorgen bereiten auch die Aussichten darauf, dass es zu einem massenhaften Diebstahl der gesammelten Daten kommen kann. Schon jetzt ist der RFID Schutz selbst bei den neuen Ausweisen für Kriminelle kein Problem, was sie ernst nehmen müssen. Der RFID Schutz ist eine Art Placebo. Er gaukelt den Bürgern Sicherheit vor, in Wirklichkeit geht es jedoch nur darum, einen total gläsernen Menschen zu bekommen.
Die diffusen Ängste
Die meisten Menschen kennen Fingerabdrücke nur aus dem Krimi. Verbrecher lassen sich anhand von Fingerabdrücken überführen und vor Gericht gelten sie als hieb- und stichfeste Beweise. Vielleicht kommt die Aussicht auf gleich zwei Fingerabdrücke im Personalausweis deshalb bei den Bürgern so schlecht an. Viele fühlen sich als Verbrecher, die ihre Fingerabdrücke abgeben müssen. Die meisten Bürger haben außerdem die diffuse Angst, keine Kontrolle darüber zu haben, wer alles auf ihre Daten, die sich auf dem RFID-Chip befinden, zugreifen kann. Die Bürger sind nach wie vor davon überzeugt, dass der RFID Schutz immer durchlässiger wird.
Die Vorteile sind bekannt
Die Fingerabdrücke im Personalausweis sind etwas, das bleibt. Auf diese Weise ist eine einfache und schnelle Verifizierung möglich, ein Fingerabdruck ist zudem unkomplizierter zu erstellen als eine biometrische Vermessung. Der Fingerabdruck eines Menschen lässt sich nicht mehr ändern, das Aussehen hingegen schon. In Zeiten, in denen sich die Namen und vor allem die Identitäten ständig ändern, ist begreiflich, dass die EU über den RFID Schutz nachdenkt. Vielleicht liegt es auch daran, dass immer weniger Bürger der EU vertrauen. Die Bürger verunsichert nicht nur die Aussicht, dass Daten keinen ausreichenden RFID Schutz mehr haben, es ist vielmehr Misstrauen gegenüber der EU, was die mit den Daten machen könnte.
Bei näherem Hinsehen ist die Angst vollkommen unnötig, denn niemand wird überwacht. Nur wer seinen Ausweis vorzeigt, der gibt über sich Auskunft. Zudem wird eine deutlich höhere Zuverlässigkeit bei der Überprüfung der Papiere möglich sein, und zwar europaweit. Mittlerweile nutzt jeder Zweite ein Smartphone mit Fingerabdruck oder mit Gesichtserkennung zur Entsperrung. In diesen Fall spricht niemand von Überwachung der Bürger und von einem umfassenden RFID Schutz. Die Experten in der EU müssen sich aber trotzdem eine Frage stellen lassen: Wieso sind noch immer Menschen mit mehreren Identitäten im Land unterwegs?
Eine schlechte Vernetzung
Zwei Fingerabdrücke im Personalausweis sollen die Sicherheit der Bürger innerhalb der EU verbessern. Betrug und Diebstahl sollen die Fingerabdrücke im Personalausweise verhindern, aber genau das passiert im Zusammenhang mit amtlichen Dokumenten immer wieder. Vor allem Zuwanderer haben oftmals mehrere Identitäten, was dann zum Missbrauch von sozialen Leistungen führt. Warum ein solcher Missbrauch von Sozialleistungen meist erst sehr spät aufgedeckt wird, liegt auch an der schlechten Vernetzung der Behörden untereinander. Das fängt bei den Polizeidienststellen an und hört bei den Sozialämtern wieder auf. Wenn ein solcher Missbrauch der Sozialleistungen mit gefälschten Dokumenten möglich ist, stellt sich natürlich die Frage: Welche kriminellen Optionen bieten sich ohne RFID Schutz noch? Einige Hacker behaupten, dass sie die Fingerabdrücke im Personalausweise einfach „nachbauen“ können. Dass die biometrischen Erkennungsmerkmale anfällig für Fehler sind, ist bekannt.
Facebook ist schlimmer
Schwer verständlich ist, warum sich so viele Bürger um den RFID Schutz Sorgen machen, wenn sie ihre Daten doch Facebook anvertrauen. Facebook wird nachgesagt, alles über seine User zu sammeln. In Deutschland haben Millionen von Bürgern einen Account beim größten sozialen Netzwerk der Welt und viele dieser Facebook-Fans machen sich Sorgen um die Sicherheit ihrer Daten. Allerdings betrifft die Sorge nicht Facebook, sondern die Fingerabdrücke und das biometrische Foto auf dem Personalausweis.
Dass Facebook sehr robust mit seinen Kritikern und Gegnern umgeht, ist hinlänglich bekannt. So hat Facebook eine Agentur, die keinen allzu guten Ruf hat, damit beauftragt, eine Schmutzkampagne gegen die Gegner zu führen. Dann stellte sich heraus, dass Facebook eine sogenannte „Beobachtungsliste“ führt, auf der alle Gegner und auch frühere Mitarbeiter stehen. Facebook ist in der Lage, den Aufenthaltsort derjenigen zu ermitteln, die auf der Liste stehen. Möglich wird das durch die Standortübermittlungsfunktion im Smartphone, zudem kann das soziale Netzwerk die Internet-Protokolladresse tracken. Gemessen an den Möglichkeiten, die der neue Personalausweis zur Überwachung hat, ist Facebook um einiges schlimmer.
Fazit
Kritiker könnten jetzt anmerken, dass sich die Überwachung durch Facebook schnell beenden lässt: Einfach den Account löschen und das Smartphone wechseln. Der Personalausweis hingegen ist Pflicht für jeden deutschen Bürger ab 16 Jahre. Dieser Pflicht kann niemand entgehen und damit sind die Daten auf dem RFID-Chip gespeichert. Außerdem sind, wie bereits erwähnt, nur bestimmte Stellen in der Lage, die Daten auf dem Ausweis auszulesen. Ein ausreichender RFID Schutz ist daher gewährleistet und wer an die Daten kommen möchte, muss Zeit, Wissen und Geduld mitbringen.
Hingegen sind die Daten bei Facebook im sozialen Netzwerk frei zugänglich, zudem kann Facebook mit den gesammelten Daten ganz nach Belieben verfahren. Das Netzwerk kann die Daten für seine Zwecke nutzen oder sie auch für viel Geld verkaufen. Wer sich über die Entscheidung der EU aufregt, sollte zuerst sein Verhalten in den sozialen Netzwerken wie Facebook, WhatsApp, Twitter oder Instagram hinterfragen. Dort sind die Daten mit Sicherheit nicht so gut aufgehoben wie auf dem neuen Personalausweis. Sicher ist vieles noch ausbaufähig und manches, was die EU macht, ist nicht perfekt, aber die Daten genießen einen guten RFID Schutz.
Beitragsbild: depositphotos.com / 149259696@galeja
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